Stellungnahme KabSat-Verordnung

Hier finden Sie eine Stellungnahme zum "Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates mit Vorschriften für die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten in Bezug auf bestimmte Online-Übertragungen von Rundfunkveranstaltern und die Weiterverbreitung von Fernseh- und Hörfunkprogrammen" (KabSat-Verordnung). Am Ende sind zudem ein Richtigstellung zur FAZ-Berichterstattung sowie weitere Informationen zu finden.

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Ziel der Reform

Der Zugang zu Online-Mediatheken von Rundfunksendern soll für Millionen Verbraucherinnen und Verbraucher in der Europäischen Union einfacher werden. Das ist das Ziel eines Vorschlages der EU-Kommission. Damit soll der digitale Binnenmarkt weiter verwirklicht werden. Derzeit werden Internet-Nutzer dabei in den meisten Fällen über Ländergrenzen hinweg eingeschränkt, was auf Geoblocking zurückzuführen ist ‑ also das Sperren von Inhalten, abhängig vom Ort des Zugriffs.

Dieses Geoblocking resultiert auch aus Schwierigkeiten bei der Klärung von Urheberrechten. Sport-Inhalte werden zum Beispiel laut der EU-Kommission in 63 Prozent aller Fälle geo-geblockt, Filme zu 66 Prozent und Fernsehserien gar zu 74 Prozent [1]. Für Kenner sind diese digitalen Grenzen durch entsprechende Programme, sogenannte VPN-Zugänge (VPN=Virtual Private Network) ohne weiteres zu umgehen. Der Zugang sollte jedoch auch außerhalb einer rechtlichen Grauzone möglich sein. Das Interesse vieler Bürgerinnen und Bürger ist groß: 41 Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher haben ein Interesse am Zugriff auf Mediatheken vom EU-Ausland.[2]

Zu den Millionen Profiteuren gehörten zum einen diejenigen, die in einem anderen EU-Land leben und arbeiten, und ihre Verbindung zu Nachrichten, Filmen oder anderen digitalen Inhalten aus ihrer Heimat nicht aufgeben möchten. Profitieren würden ebenso Bürgerinnen und Bürger, die einer sprachlichen Minderheit angehören, da sie über das Internet Zugang zum Fernsehprogramm in ihrer Sprache leichter erhalten würden. Weiterhin würden die neuen Regeln auch Menschen nutzen, die eine Fremdsprache erlernen oder einfach nur neugierig auf andere Kulturen sind. In europäischen Grenzregionen ist es oftmals möglich, über die althergebrachten Übertragungswege auch das Programm des Nachbarlandes zu empfangen. Es ist nicht zu vermitteln, warum dieser Zugang über das Medium Internet nicht legal möglich ist.

Weiterhin ist wichtig, dass Bürgerinnen und Bürger grenzüberschreitend auf Informationen zugreifen können. Wenn in Mitgliedsstaaten der EU das Recht auf Informationen eingeschränkt wird, ist es Aufgabe der Staatengemeinschaft sicherzustellen, dass Informationen aus anderen Ländern abgerufen werden können. Die Grundidee des Kommissionsvorschlags, mehr Inhalte grenzüberschreitend zugänglich zu machen, ist richtig. Denn nur wenn diese Inhalte dem Einzelnen auch zur Verfügung stehen, kann deren hoher kultureller Wert voll ausgeschöpft werden.

Wie soll das Ziel erreicht werden?

Nach dem sogenannten Ursprungslandprinzip werden Inhalte so behandelt, als sei deren öffentliche Wiedergabe durch den Rundfunksender nur in dem Mitgliedstaat der EU erfolgt, in dem das Unternehmen seine Hauptniederlassung hat.

Artikel 2 des Verordnungsvorschlags soll das so genannte Ursprungslandprinzip (Country of Origin Principal (CoO)) aus der Kabel- und Satellitenrichtlinie von 1993 übernehmen und auf den Online-Bereich anwenden. Hierdurch muss nur noch ein nationales Urheberrecht beachtet werden, wodurch die Rechteklärung vereinfacht wird. Hierdurch können sich Rundfunkveranstalter dazu motiviert fühlen, auf Geoblocking-Maßnahmen künftig zu verzichten. Es besteht allerdings kein Zwang seitens der Rundfunkveranstalter, eben dies zu tun. Der Rundfunkveranstalter muss auch weiterhin Online-Lizenzen erwerben. Diese wiederum können auch mit in Kraft getretener Verordnung nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit territorial beschränkt werden. Dies stellt auch der Erwägungsgrund 11 des Verordnungsvorschlags klar.

Für welche Inhalte soll das Ursprungslandprinzip gelten?

  1. a) Sendungsbezug muss vorhanden sein

Der derzeitige Diskussionsstand im Europäischen Parlament sieht vor, dass das Ursprungslandprinzip – entgegen anderslautender Behauptungen – nur auf ergänzende Online-Dienste der Rundfunkveranstalter angewendet wird. Somit muss ein Sendungsbezug vorhanden sein. Erfasst sind demnach nur solche Inhalte, die von den Rundfunkanstalten ergänzend zur linearen Übertragung in ihre Mediatheken eingestellt werden.

  1. b) Weite Ausnahmen für Inhaltsarten

In den Kompromissverhandlungen wurden viele Inhaltsarten vom Anwendungsbereich des Ursprungslandprinzips vollständig ausgenommen, um den Befürchtungen Rechnung zu tragen, Einnahmen für Filmschaffende würden wegfallen. Hierdurch wurde der Vorschlag der EU-Kommission weit eingeengt. Davon, dass ich Bedenken „konsequent ignorieren“ würde, wie im „Brandbrief der Deutschen Filmakademie“[3] behauptete wird, kann also keine Rede sein. Vollständig ausgenommen wurden die audiovisuellen Übertragungen folgender Inhaltsarten:

  • Sportveranstaltungen,
  • angekaufte Serien und Filme,
  • Ko-Produktionen,
  • sowie Auftragsproduktionen, die nicht zu einem überwiegenden Teil von den Rundfunkveranstaltern selbst finanziert wurden.

Davon betroffen sind natürlich auch deutsche und europäische Werke dieser Art, anders als völlig falsch in einem Artikel der FAZ behauptet wird.

Im legislativen Beratungsverfahren habe ich mehrfach versucht, die Position der Kreativen zu stärken. So habe ich in meinem Berichtsentwurf vorgeschlagen:

  • eine Stärkung der bestehenden Vergütungsklausel sowie die Einführung eines neuen Vergütungsanspruchs (Änderungsanträge 15, 19) vorzunehmen,
  • eine Übergangsvorschrift für angekaufte Spielfilme und TV Serien (Änderungsantrag 17) einzufügen,
  • sowie eine Ausnahme von „Forum Shopping Praktiken“ vom Anwendungsbereich des Ursprungslandprinzips aufzunehmen, um dessen möglichen Missbrauch zu verhindern (Änderungsantrag 16).
  • Zudem habe ich eine Mediationsklausel vorgeschlagen. Diese sieht vor, dass sich alle Beteiligten an eine Schlichtungsstelle wenden können, wenn sie der Auffassung sind, dass ein nicht angemessener Vertrag geschlossen wurde (Änderungsantrag 268).

Ist die Finanzierung durch ein Untergraben der Territorialität gefährdet?

Oftmals gibt es die Befürchtung, dass der Verordnungsvorschlag dazu führe, dass Produzenten ihre Werke nicht mehr (so gut) an in unterschiedlichen Mitgliedsstaaten ansässige Rundfunkanstalten (vor-)verkaufen können.

In diesem Zusammenhang wird oftmals behauptet, dass für eine EU-weite Ausstrahlung nur noch eine Lizenz nötig sei und so das Prinzip der territorialen Rechteverwertung untergraben würde.

Dem ist nicht so. Rundfunkveranstalter müssen neben der Offline-Lizenz auch zusätzlich das Recht der Online-Übertragung durch Lizenzen eingeräumt werden. Diese Lizenzen können auch weiterhin territorial beschränkt werden. Dies gewährleistet der Grundsatz der Vertragsfreiheit, die auch von Erwägungsgrund 11 des Verordnungsvorschlags klargestellt wird. Neben diesen rechtlichen Möglichkeiten, die Lizenzen territorial zu beschränken und Geoblocking-Maßnahmen anzuwenden, bleiben auch natürliche Barrieren bestehen. Hierunter fallen die in der Europäischen Union existierenden Sprachbarrieren. Diese machen es auch in Zukunft nötig, gesonderte Sprachversionen anzubieten. Das Ursprungslandprinzip hilft nicht über diese Barrieren hinweg. Es gestattet weder eine Synchronisierung noch eine Untertitelung. Die Fiktion des Ursprungslandprinzips bezieht sich ausschließlich auf die Wiedergabe und Zugänglichmachung in der ursprünglichen Version. Falls sich also beispielsweise ein polnischer Rundfunkveranstalter dazu entscheidet, seine Eigenproduktion auch in Spanien online verfügbar zu machen, so wird sie auch dort nur auf Polnisch abrufbar sein. Zudem legt der Verordnungsvorschlag in seinem Artikel 2 Absatz 2 fest, dass eine angemessene Vergütung für die grenzüberschreitende Zugänglichmachung vorzusehen ist.

 

Richtigstellung FAZ-Berichterstattung

FAQ KabSat-Verordnung

Interessierte Parteien

Diskussionsstand Artikel 2 der KabSat-Verordnung 

 

[1] http://ec.europa.eu/competition/antitrust/sector_inquiry_final_report_de.pdf, Absatz 66.

[2]http://www.marktwaechter.de/digitale-welt/marktbeobachtung/geoblocking-bei-digitalen-inhalten.

[3] http://www.urheberrecht.org/news/5934/.