Der kaum bekannte Energiecharta-Vertrag (ECT) bedroht jedoch die Klimaziele der EU auf nationaler und internationaler Ebene. Als die EU und ihre Mitgliedstaaten den Vertrag in den 1990er Jahren ratifizierten, war das Ziel die Energiesicherheit der EU durch die kontinuierliche Versorgung mit fossilen Brennstoffen von Ost nach West zu stärken.
Nun ist nicht nur der raison d’être des ECT seit dem Rückzug Russlands aus dem Vertrag im Jahr 2009 obsolet geworden; der ECT stellt heute sogar eine ernsthafte Bedrohung für das europäische Ziel der Klimaneutralität und im weiteren Sinne für die Umsetzung des Pariser Klima-Abkommens dar. Der ECT schützt mit Hilfe des höchst umstrittenen Investor-Staats-Schiedsverfahrens (ISDS) Investitionen in fossile Brennstoffe, die hohe Treibhausgasemissionen verursachen und vervielfacht so die Kosten des ökologischen Umbaus.
Während die EU-BürgerInnen ehrgeizige Klimaschutzmaßnahmen fordern, finanzieren sie unwissentlich Investoren in fossile Brennstoffe. Denn diese können mithilfe des ECT auf Schadensersatz klagen, wenn Staaten durch Klimaschutzmaßnahmen ihre erwarteten Gewinne einschränken.
Wenn die Mitgliedsstaaten und die EU nicht aus fossilen Brennstoffen aussteigen, würden die durch den ECT geschützten kumulativen Treibhausgasemissionen bis 2050 einem Drittel des verbleibenden globalen Kohlenstoffbudgets für den Zeitraum 2018-2050 entsprechen.
Darüber hinaus sind die Kosten für die Fortführung des ECT höher als der im Juli vereinbarte historische EU-Wiederherstellungsfonds. Auf der einen Seite würden die durch den ECT geschützten stranded assets in fossilen Brennstoffen bis 2050 potenziell mindestens 2,15 Billionen Euro ausmachen, wenn fossile Brennstoffe nicht aus dem verbindlichen Investitionsschutz des ECT ausgenommen werden. Andererseits könnten die potenziellen Kosten der ISDS-Ansprüche bis 2050 mindestens 1,3 Billionen Euro erreichen, wovon 42% von den EU-SteuerzahlerInnen getragen werden müssten.
Der Energiecharta-Vertrag steht weder mit dem Europäischen Green Deal, mit dem vorgeschlagenen EU-Klimagesetz, den nationalen CO2-Neutralitätszielen, noch mit der Kreditpolitik der EIB für Energieprojekte und der EU-Taxonomie für nachhaltige Investitionen in Einklang. Das Auslaufen des im ECT verankerten Investitionsschutzes für fossile Brennstoffe ist für uns eine Voraussetzung für die Verhandlungen über die Modernisierung des ECT.
Wir, die Abgeordneten des Europäischen Parlaments und der nationalen Parlamente, fordern die EU-VerhandlungsführerInnen auf, dafür zu sorgen, dass die Bestimmungen im ECT, die ausländische Investitionen in fossile Brennstoffe schützen, gestrichen werden. Ebenso müssen die ISDS-Bestimmungen gestrichen oder grundlegend reformiert und eingeschränkt werden. Sollte dies bis zum Ende der für den Herbst geplanten 3. Verhandlungsrunde nicht erreicht werden, fordern wir die EU Mitgliedstaaten auf, nach Wegen zu suchen, um sich bis Ende 2020 gemeinsam aus dem ECT zurückzuziehen.
Unsere Priorität ist es sicherzustellen, dass die Politik der EU und ihrer Mitgliedstaaten vollständig im Einklang mit dem Pariser Abkommen liegen. Der ECT gefährdet die Zukunft unseres Klimas, und es muss jeder Schritt unternommen werden, um sicherzustellen, dass die EU ihre Klimaschutzmaßnahmen verstärkt und nicht untergräbt.
Die gesamte Erklärung gibt es hier.