„Wir können noch so gute Verbraucherschutzgesetze erlassen – solange es kein wirksames Instrument gibt, um Rechte auch effektiv gerichtlich durchzusetzen, profitieren weniger Menschen davon. Es ist daher längst überfällig, dass alle EU-Bürgerinnen und -Bürger in der Europäischen Union ein Recht auf kollektive Schadenersatzverfahren bekommen. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben uns konsequent dafür eingesetzt, dass europäische Verbraucherinnen und Verbraucher künftig ihre Kräfte auf EU-Ebene bündeln und gemeinsam grenzübergreifend gegen große Unternehmen klagen können und so einen besseren Zugang zur Justiz erlangen“, erläutert hierzu der SPD-Europaabgeordnete Tiemo Wölken.
Es soll unter anderem missbräuchlichen Handelspraktiken wie zum Beispiel massenhafte Preiserhöhungen, etwa in der Energielieferung oder im Bankensektor, vorgebeugt werden. Auch weiteren Verstößen in großem Maßstab gegen die Verbraucherrechte könne so aktiv entgegengewirkt werden. „Einige der größten Missbräuche betreffen die Passagierrechte. Es ist daher besonders zu begrüßen, dass auch diese Industriezweige in den Anwendungsbereich fallen“, macht Wölken klar. „Die europaweiten Flugausfälle in den vergangenen Monaten haben gezeigt, dass auch hier neue Regeln dringend notwendig sind.“
Begrüßenswert sei auch, dass die Einigung vorsieht, dass automatisch alle betroffenen Bürgerinnen und Bürger von einem Urteil erfasst sind. Ab jetzt müssen Verbraucherinnen und Verbraucher nicht mehr jahrelang auf Entschädigung warten, da sie diese bereits parallel einklagen können. „Das ist besonders wichtig, da die Verfahren mit verschiedenen Einspruchsmöglichkeiten in den Mitgliedsstaaten sehr lange dauern können“, so der Abgeordnete.
Die Abgeordnete Evelyne Gebhardt, Mitglied im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucher, ergänzt: „Die Einigung ist ein Meilenstein für den Verbraucherschutz. Der Dieselgate- Skandal hat uns vor Augen geführt, wie notwendig wir in Europa Verbrauchersammelklagen brauchen. Das erweist sich insbesondere bei sogenannten „Streuschäden“ als hilfreich. Dies bedeutet, dass sich für den einzelnen Bürger der mit einer Klage verbundene Aufwand – Prozesskostenrisiko, Anwaltskosten und Zeitaufwand – nicht lohnt, der Gesamtschaden aber durchaus beträchtlich sein kann.“
Obwohl in Deutschland seit dem 1. November 2018 die Musterfeststellungsklage gelte, bringe die EU-Sammelklage auch hier Vorteile, denn zukünftig müssen die Verbraucherinnen und Verbraucher nicht mehr individuell ihre Schadenersatzansprüche geltend machen. Die EU-Sammelklage befuge die Verbände, den Schadenersatz ebenfalls direkt miteinzuklagen.
Die Richtlinie soll im Bereich der Passagierrechte, Gesundheit, sowie im Umwelt- und Datenschutz gelten. Nach Inkrafttreten der Richtlinie haben die Mitgliedstaaten 24 Monate Zeit für die Umsetzung in nationales Recht.