Kann ein Lieferkettengesetz Menschenrechte und Umweltschutz stärken?

Europapolitiker Tiemo Wölken diskutierte mit hochkarätigen Gästen über die Chancen und Risiken eines EU-Lieferkettengesetzes.

Foto: Büro Wölken

Am Donnerstag, den 27. Oktober, hat der Europaabgeordnete Tiemo Wölken in die Lagerhalle Osnabrück zur Podiumsdiskussion eingeladen. Unter dem Titel „Verantwortung tragen: Kann ein Lieferkettengesetz Menschenrechte und Umweltschutz stärken?“ haben Yunus Güngördü (IHK Osnabrück – Emsland – Grafschaft Bentheim), Joshua Hofert (terre des hommes), Nicole Verlage (Deutscher Gewerkschaftsbund) sowie Manuel Gava (SPD-Bundestagsabgeordneter) über ein mögliches EU-Lieferkettengesetz diskutiert.

Mit dem von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen EU-Lieferkettengesetz sollen negative Auswirkungen unternehmerischer Tätigkeiten in Bezug auf Menschenrechte und Umweltschutz minimiert und beendet werden. Der Vorschlag sieht vor, Unternehmen sowie ihre Tochtergesellschaften für die Schäden durch die Nichteinhaltung von Sorgfaltspflichten zivilrechtlich haftbar zu machen. Dies gilt ebenso für Zulieferer entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Mit diesem Vorschlag könnten erstmals Unternehmen zivilrechtlich haftbar gemacht werden, wenn sie ihrer Verantwortung zur Sorgfaltspflicht nicht nachkommen. Damit stellt der Vorschlag einen Paradigmenwechsel dar.

Für Yunus Güngördü (IHK Osnabrück – Emsland – Grafschaft Bentheim) bestehe in diesem Vorschlag die Gefahr, dass Unternehmen vom Handel mit Entwicklungs- und Schwellenländern absehen, weil ihnen das Risiko zu groß werde, dort unternehmerisch aktiv zu sein. Zudem dürfe ein Lieferkettengesetz nicht dazu führen, dass den Unternehmen eine zu umfangreiche Bürokratie aufgebürdet werde. Dies betont ebenso Nicole Verlage (DGB). Nach ihrer Ansicht dürfe kein Bürokratiemonster geschaffen werden.Die Dringlichkeit eines ambitionierten Lieferkettengesetztes sieht sie aufgrund zahlreicher Umweltverstöße und Menschenrechtsverletzungen dennoch. Dies wird auch an der umfänglichen Kinderarbeit deutlich. Noch immer sei das Arbeiten weltweit für 160 Millionen Mädchen und Jungen unter oftmals ausbeuterischen Bedingungen Alltag, wie Joshua Hofert (terre des hommes) bereits in seinem Eingangsstatement kundtut. Ein Lieferkettengesetz könne laut Hofert dazu beitragen, dies zu ändern. Dafür sehe er ein Reporting der Unternehmen als unerlässlich an.

Die beiden SPD-Abgeordneten Manuel Gava und Tiemo Wölken sind sich einig, dass die Verantwortung der Unternehmen nicht am Werkstor enden dürfe. Dennoch sei es wichtig, dass das Lieferkettengesetz nicht zum Stolperstein der Wirtschaft werde, weshalb ein risikobasierter Ansatz anzustreben sei. „Bei Unternehmensaktivitäten muss immer auch das dabei entstehende Risiko betrachtet werden. Der Diamantenhändler darf beispielweise nicht mit einem Spediteur gleichgesetzt werden. Entsprechend des Riskos der unternehmerischen Tätigkeit müssen auch die Anforderungen an die Unternehmen Berücksichtigung finden“, schildert Tiemo Wölken, umweltpolitischer Sprecher der S&D-Fraktion im Europäischen Parlament.

Im anschließenden Austausch mit dem Publikum wurden weitere spannende Standpunkte zum Lieferkettengesetz beleuchtet. So könne ein entsprechendes Gesetz dazu beitragen die Kaufentscheidung zu erleichtern, da es aktuell nur schwer erkennbar sei, unter welchen Bedingungen Güter produziert werden. Ein anderer Publikumsbeitrag teilt hingegen die Sorge, dass eine effektive Umsetzung des Gesetzes nur schwer möglich sei.

Trotz der zum Teil technischen Thematik zeigt sich laut Wölken das Interesse der Bürgerinnen und Bürger an der Lieferkettengesetzgebung. „Der Austausch heute Abend sowie die zahlreichen Zuschriften zeigen, das EU-Lieferkettengesetz beschäftigt viele Menschen. Daher ist es mir wichtig, während des gesamten Gesetzgebungsprozesses die Bürgerinnen und Bürger weiterhin intensiv miteinzubeziehen“, so Wölken.